A Escrava Isaura ist einer der bekanntesten Roman der brasilianischen Literatur, wird an Schulen gelehrt und wird ab und an in den sogenannten examenes vestibulares, zentrale Prüfungen zur Aufnahme eines Studiums an einer brasilianischen Universität, abgeprüft. Der Stoff des Romans wurde berühmt, weil die erfolgreichste Telenovela aller Zeiten, die Sklavin Isaura sich an den Inhalt des Buches anlehnt. Diese Website soll der Vermittlung der portugiesischen Sprache dienen und die Vertonung und Übersetzung der Verbesserung der Aussprache, der Training des Gehörs, der Vermittlung von Vokabular und der Festigung grammatikalischer Strukturen. Das könnte theoretisch mit jeder Art von audio Material gemacht werden, so dieses eben didaktisch geeignet, im Falle von Portugiesisch also sehr langsam und sehr deutlich gesprochen wird. Eine Annäherung an normale Geschwindigkeit erfolgt erst in den letzten Kapiteln. Man kann hierfür aber auch Material verwenden, dass sozusagen Teil des kollektiven Bewusstseins von Brasilianern bzw. zumindest eine großen Teils der Brasilianer ist. Der Roman behandelt eine Epoche, die das heutige Brasilien geformt hat, wie ja unmittelbar an den unterschiedlichen Schattierungen der Hautfarbe erkennbar ist.
Fragt man Brasilianer nach für die brasilianische Literatur bedeutenden Romane, dann wird eben auch A Escrava Isaura genannt und über diesen Weg hat dieser Roman hier Eingang gefunden.
Der kritische Verstand kann zu dem Roman unterschiedliche Ansichten haben und, das ist selten, man kann auch bei widersprechenden Ansichten beide richtig finden. Für die einen ist der Roman A Iscrava Isaura, auch wenn die Intention ist, für das Schicksal der Sklaven zu sensibilisieren bzw. ein Versuch ist, die Bewegung gehgen die Sklaverei zu stären, selber rassistisch. Die anderen vergleichen den Roman mit Onkel Toms Hütte und sehen in dem Roman einen Beitrag zu Abschaffung der Sklaverei. Dann gibt es noch eine Gruppe, die findet schlicht, dass der Roman schlechte Literatur ist und in das Schema schöne-Frau-in-Gefangenschaft-wird-von-Held-befreit passt. Alle Positionen kann man richtig finden, auch gleichzeitig.
Tatsache ist aber erstmal, der Roman ist psychisch extrem fordernd. Dass es in Gesellschaften mit enormen Machtgefälle zu Aberrationen aller Art kommt, wissen wir. Wir haben das in den Zeiten des Nationalsozialismus, wir haben das in der stalinistischen Sowjetunion, wir haben das im Kongo zur Zeit der Herrschaft von Lepold II, wir haben das in allen Diktaturen etc. etc. Ist das Machtgefälle enorm, dann haben wir auch Verbrechen und Auswüchse an Perversion, die die normale Vorstellungskraft deutlich übersteigen. Im Roman A Escrava werden die Verbrechen, die zur Zeit der Sklaverei in Brasilien zum Alltag gehörten, gar nicht geschildert, bzw. nur angedeutet. Es war alles viel brutaler, perverser und unmenschlicher als im Roman beschrieben. Trotzdem wirkt der Roman stärker, als Berichte, die weit grausamere Verbrechen schildern. Der Trick dabei ist simpel. Menschen reagieren, zumindest in der Kunst, in der Realität ist das noch fraglich, da spielen ökonomische Motive eine stärkere Rolle, empfindlich, wenn Wesen, zu denen sie eine engere emotionale Beziehung aufbauen können, ungerecht behandelt werden und Isaura gehört zu den Gestalten, zu denen man eine engere emotionale Beziehung aufbaut. In der Realtität ist das nicht so sicher, wie uns die jüngste deutsche Vergangenheit lehrt. Die Tötungsmaschine funktionierte abstrakt und kannte keine Personen mehr. Nebenbei bemerkt: Historiker wehren sich ja in der Regel mit Händen und Füßen gegen jede Verallgemeinerung, ein Vergleich zwischen dem Nationalsozialismus und der Sklaverei in Brasilien würde sich für Historiker verbieten und hinsichtlich Dimension, Brutalität, Perfektion, systematische Stringenz übersteigen die Verbrechen des Nationalsozialismus die Sklaverei im imperialen Brasilien bei weitem.
2.1 Sichtweise Nummer 1: A Iscrava Isaura ist ein Groschen Roman
Manuel Cavalcanti Proença schreibt, der Rest des Aufsatzes ist auch nicht viel positiver, folgendes.
Bastante teatral e até cinematográfico, o livro termina bem, happy end, com
o vilão castigado e a vítima enaltecida. No cinema haveria o beijo conclusivo; no romance não há.
Ziemlich theatralisch und sogar cinematographisch hat das Buch ein Happy End, dere Böse wird bestraft und das Opfer erhöht. Im Kino hätte es noch einen Kuss gegeben, im Roman ist das nicht so.
Dazu hat der Autor ja eine schlichtere Ansicht. Es ist in der Tat so, dass Menschen ein happy end wollen, den Guten wollen Sie geadelt sehen, den Bösen wünschen Sie sich in der Hölle. Zumindest im Kino. Aber auch wenn es nur im Kino so ist, ist das immer noch ein bisschen beruhigend. Fataler wäre es, wenn den Leuten das Ende schlicht egal wäre. Ansonsten wüsste der Autor auch nicht, was gegen ein happy end einzuwenden wäre, diskutieren kann man höchstens über das Niveau des happy ends. Wenn ein ungewöhnliches und originelles Verhalten einzelner zu einem happy end führt, dann ist das Kino bzw. das Theater ein interessanter Platz. Sollte es in der Realität einen Mangel geben an ungewöhnlichem und origenellem Verhalten, das auf großes Gelingen zielt, dann hat die Realität ein Problem und nicht das Kino bzw. das Theater. Der Autor dieser Zeilen ist sich auch gar nicht sicher, ob eine Gesellschaft, die an das große Gelingen, Schillers Ode an die Freude und aufwärts, nicht mehr glaubt und dieses verhöhnt, nicht schlussendlich im Morast der Perversion landet.
2.2 Sichtweise Nummer 2: Das Buch ist rassistisch
Dieser Vorwurf, dass das Buch rassistisch ist, hat Gewicht, insbesondere dann, wenn es Schulstoff ist und die Schüler alle Hautfarben von weiß bis tiefschwarz haben und in einem Alter sind, wo sie noch keine gefestigte Persönlichkeit haben und an sich selbst und der Welt zweifeln. Das Problem ist hierbei weniger, dass Isaura eine weiße Sklavin ist, eine mögliche, wenn auch nicht die typische Konstellation, sondern die Tatsache, dass der Roman immer wieder betont, dass es ihr Aussehen, ihre Begabung und die Tatsache ist, dass sie sich von der weißen Oberschicht gar nicht unterscheidet, was ihr Versklavung inakzeptabel sein lässt. Zwar finden sich in dem Roman auch Aussagen, die die Sklaverei an und für sich verurteilen, doch das Schicksal der anderen Sklaven interessiert eigentlich nicht. Die Warnung, dass Schüler auf die Lektüre dieses Romans vorbereitet werden müssen, ist nachvollziehbar.
Os professores hão de ter atenção ao recomendar a leitura desta obra,
pois, deve-se discutir com afinco o preconceito racial e a condição que o
escravo vivia no Brasil. Condição essa que negava aos negros um lugar de
destaque nas obras literárias. Realidade que ainda se perpetua no Brasil 200
anos depois; visto que as discussões sobre o lugar ocupado pelos negros nas
telenovelas hoje em dia, por exemplo, ainda são calorosas. Acredito que é
a partir de debates e reflexão que os professores poderão combater o racismo e
apregoar os Direitos Humanos, a cidadania e a paz nas escolas para que os
alunos se tornem combatentes das injustiças sociais no que é tocante ao
racismo.
Empfehlen die Lehrer diese Lektüre, müssen sie darauf achten, dass das rassischtische Vorurteil
und die Bedingungen, unter denen die Sklaven in Brasilien lebten, intensiv diskutiert wird.
Diese Bedingungen versagten dunkelhäutigen Menschen einen herausgehobenen Platz in literarischen Werken.
Dies ist auch heute, 200 Jahre später, noch so, wie wir an der Heftigkeit sehen, mit der die Diskussion über
die Rolle dunkelhäutiger Menschen in den Telenovelas geführt wird. Ich glaube, dass man durch Diskussionen
und Reflektion den Rassismus bekämpfen, die Menschenrechte und den Bürgersinn, den Frieden in den Schulen stärken kann, so
dass die Schüler sich sozialen Ungerechtigkeiten, insofern sie rassisch begründet sind, widersetzen.
Wie immer kann man versuchen, die Aussage, dass es in Brasilien eine Diskussion gibt über die Mitwirkung dunkelhäutiger Menschen in Telenovelas über das Internet zu verifizieren. Man wird in der Tat fündig. A Raça e o Gênero nas Novelas dos Últimos 20 Anos.
2.3. Sichtweise Nr. 3: Das Buch ist eine Kritik an der Sklaverei
Das einzige, was bei diesem Buch feststeht ist, dass es psychisch fordernd ist. Isaura ist ein Figur, die Sympathie erweckt. Nimmt man den ganzen Plot, dann ist die Handlung natürlich völlig unrealistisch. Nimmt man die einzelnen Elemente, aus denen sich der Plot zusammensetzt, dann ist der Plot extrem realistisch und empirisch belastbar darstellbar.
Hat der Besitzer eine Kaffee- oder Baumwollplantage absolute Verfügungsmacht über die Sklavinnen, dann wird es zu Übergriffen kommen. Über die Art der sexuellen Beziehung zwischen Herr und Sklavin gibt es konrete Berichte aus der Zeit, die wiederum von Gilberto Freyre in Herrenhaus und Sklavenhütte zusammengefasst wurden. Dieser sieht das zwar insgesamt positiv, da hierdurch letztlich die genetische Unterschiede bezüglich bestimmter Merkmale sich aufgelöst haben, aber die Akteurinnen dieser Verschmelzungen sahen das vermutlich ganz anders. Freyre schreibt hierzu.
Nenhuma casa grande do tempo da escravidão quis para si a glória de conservar filhos maricas ou donzelões. O que a negra da senzala fez foi facilitar a depravação com sua docilidade de escrava: abrindo as pernas ao primeiro desejo do senhor-moço. Desejo não, ordem.
Es gab kein größeres Anwesen in der Zeit der Sklaverei, dass sich gewünscht hätte, dass die Söhne weibisch sind jungfräulich. Die schwarze Frau der Senzala machte mit ihrer Fügsamkeit einer Sklavin, die Verderbtheit möglich, indem sie bei den ersten Wünschen des Herrn die Beine breit machte. Das war kein Verlangen, das war ein Befehl.
Ein absoluter verlotterter Charakter wie Leôncio ist also nicht nur nicht unrealistisch, er ist sogar historisch verbürgt.
Unter diesen Auspizien ist eine weiße Sklavin durchaus realistisch. Die Mutter von Isaura war eine "Mulattin", folglich war sie hervorgegangen aus der Verbindung zwischen einem weißen, höchstwahrscheinlich, Mann und einer Frau mit schwarzer Hautfarbe. Die Großmutter von Isaura war also tiefschwarz und die Enkelin weiß. So einen Fall kennt der Autor persönlich. Großmutter tiefschwarz, Enkelin komplett weiß. Bei der allgemeinen Promiskuität, die sich über mehrere Generationen hinzog, dürften weiße Sklavinnen also gar nicht so selten gewesen sein. Gleichermaßen, siehe unten, haben wir in Brasilien schon zum Zeitpunkt der Volkszählung im Jahre 1872, eine Auflösung bezüglich der in diesem Zusammenhang relevanten Merkmale. Fast die Hälfte der Bevölkerung hatte schon zu diesem Zeitpunkt eine Hautfarbe zwischen weiß und schwarz, war also aus einer Verbindung eines weißen, in der Regel, Mannes und einer Frau mit schwarzer Hautfarbe hervorgegangen.
So weit der Autor das sieht, können sich die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Sklaverei kaum mit der sozialen Wirklichkeit gedeckt haben, denn die sich hieraus ergebenden Konstellationen sind teilweise absurd. Für die Stellung eines Kindes, ob frei oder Sklave, spielt der Stand des Vaters keine Rolle, was eigentlich konträr ist zu den sonstigen patriarchalischen Beziehungen der Zeit. Im Gesetz Lei do ventre livre von 28.9.1871 lesen wir.
Art. 1.º - Os filhos de mulher escrava que nascerem no Império desde a data desta lei serão considerados de condição livre.
Art.1: Die Kinder einer Sklavin die ab dem Datum dieses Gesetzes im Kaiserreich geboren werden sind frei.
Dem Text ist also nicht nur zu entnehmen, unter welchen Bedingungen Sklaven jetzt frei werden, sondern auch, dass allein der Status der Mutter entscheidend für den Status des Kindes war.
Das Gesetz macht dann anschließend alle möglichen Einschränkungen, so dass diese Kinder doch nicht frei waren, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass die Situation des Vaters überhaupt keine Rolle spielt, was auch für den Roman A Escrava Isaura entscheidend ist. Der Status von Miguel ist schlicht egal. Die Konstellation kann noch irrer werden. Selbst wenn der Besitzer der Sklavin der Erzeuger des Kindes der Sklavin ist, ist das Kind ein Sklave. Wenn die Söhne des Sklavenhalter in derselben Promiskuität leben wie der Sklavenhalter selbst, dann dürfte es ziemlich oft die Situation gegeben haben, dass der Herr die Sklaven selber zeugte. Die Frage ist, wie er sich in einem solchen Fall verhielt. Zumindest für Portugal liegen hier Studien vor, wenn auch unklar bleibt, worauf diese Studien konkret beruhen.
Nesses casos em que a escrava engravida, o senhor, que era pai da criança, permite que o seu filho seja escravo?
Há de tudo. Há senhores que vão fazer todos os possíveis para que o filho não nasça. Nascendo, que seja ocultado. Muitas vezes vai ser criado longe, outras vezes é posto na roda dos postos, em que as crianças eram depositadas anonimamente e recolhidas no convento. Pode acontecer ainda pior, que é o senhor vender os seus próprios filhos.
In dem Fall, dass die Sklavin schwanger wird und der Herr der Vater des Kindes ist, erlaubt er, dass sein Sohn Sklave ist?
Da gibt es alles. Es gibt Herren, die alles unternehmen, damit der Sohn nicht geboren wird, oder dass er verborgen wird, wenn er geboren wird. Oft wird er auch weit weg aufgezogen oder anonym abgesetzt, um in einem Kloster aufgenommen zu werden. Es konnte aber auch schlimmeres passiere, nämlich dass der Herr seine eigenen Kinder verkauft.
Die Idee, dass der Stand des Vaters bedeutungslos war, war also keine brasilianische Erfindung, da wurden die gesetzlichen Bestimmungen von Portugal übernommen.
Der Stellung, die Isaura hat, einerseits Sklavin und andererseits wie eine Tochter aus gutem Hause erzogen, ist nicht vollkommen unrealistisch, denn es gibt hierfür ein höchst prominentes Beispiel. Die Ehefrau des dritten amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson (1743-1826) hatte eine Halbschwester, Sally Hemings, die eine Sklavin war. Das heißt der Vater von Martha Wayles hat sich offensichtlich mit einer Sklavin verlustiert, aber seine eigene Tochter nicht freigelassen. Diese ging in den Besitz ihrer eigenen Schwester über, wobei Jefferson nach dem Tod seiner Frau eine Beziehung mit Sally Hemings hatte. Es ist also zu vermuten, dass auch Sally Hemings gebildet war. Diese war zwar dunkel, aber die Konstellation ist ähnlich, wie bei Isaura. Man kann davon ausgehen, dass es im Haushalt der Familie Jefferson halbwegs zivilisiert zuging, die Konstellation ist aber trotzdem aburd.
Soweit der Autor das sieht, sind Ehen geschlossene Gesellschaften, und Seitensprünge werden nicht akzeptiert und Promiskuität noch viel weniger. Wir können also davon ausgehen, dass auch die Gattinen der Sklavenbesitzer Probleme hatten mit dem Verhalten Ihrer Männer. Die im Roman beschriebene Auseinandersetzung zwischen dem Statthalter und seiner Frau, weil dieser die Mutter Isauras nicht in Ruhe ließ, ist also ein typisches Szenario. Gleichermaßen typisch ist die Machtlosigkeit der Gattinnen. Sowohl die Frau des Statthalters wie auch Malvina trennen sich nicht von ihren Gatten, obwohl sie deren perversen Charakter erkennen.
Wir könne also davon ausgehen, dass eine Figur wie Isaura, die allen Annäherungsversuchen widersteht, zumindest bei der weiblichen Leserschaft auf Sympathie stößt. Die Sklaverei korrumpiert die ganze Gesellschaft und frisst sich in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, auch wenn die Beziehung ambivalent ist, da die Oberschicht, auch die weibliche, letztlich von der Sklaverei lebt bzw. zur Sklaverei keine Alternative sieht.
Moralische Appelle hätten wenig gebracht, da diese die ökonomische Basis in Frage gestellt hätte. Tendentiell ist unten stehende Aussage richtig, dennoch ist es erfolgsversprechender da anzusetzen, wo die Sklaverei die Existenz der weißen Oberschicht bedroht.
Ele coloca, na boca de alguns personagens, como Álvaro e seus amigos, estudantes no Recife, algumas frases abolicionistas, mas parece tomar bastante cuidado em não provocar a fúria dos seus leitores conservadores. Está mais preocupado em contar as perseguições do senhor cruel à escrava virtuosa e, assim, conquistar a simpatia do leitor.
Er [gemeint ist Bernardo Guimarães] legte einigen Personen, wie Álvaro und seinen Freunden, Studenten in Recife, einige Sätze der Gegner der Sklaverei in den Mund, aber es scheint, dass er darauf achtet, nicht die Wut seiner konservativen Leser heraufzubeschwören. Er ist mehr daran interessiert zu beschreiben, wie der grausame Herr die tugendhafte Sklavin verfolgt und so die Sympathie des Lesers zu gewinnen.
Das stimmt. Allerdings stellt die Sklaverei und die damit zusammenhängende totale Kontrolle der Sklavinnen das Gesellschaftsmodell massiv in Frage. Will man die weiße Dominanz dauerhaft sichern, so hätte man Verbindungen zwischen Weißen und Menschen anderer Hautfarbe komplett verbieten müssen, wie das etwa in Südafrika der Fall war oder in den Südstaaten. Tut man das nicht, werden sich die genetisch determinierten Merkmale weitgehend willkürlich in der gesamten Gesellschaft in allen Nuancen und Zwischentönen ausbreiten. Dass das tatsächlich passiert ist, lässt sich auch dem Zensus von 1872 entnehmen.
1872 hatte Brasilien etwa 10 Millionen Einwohner, etwa 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer. Von diesen bezeichneten sich 38 Prozent als "pardos", also irgendwas zwischen weiß und schwarz. Diese müssen also direkt oder indirekt Menschen mit schwarzer Hautfarbe unter ihren Ahnen haben. 38 Prozent waren weiß, was nicht notwendigerweise heißt, siehe Isaura, dass nicht doch auch Vorfahren mit schwarzer Hautfarbe da waren. 20 Prozent hatten definitiv eine schwarze Hautfarbe. Die restlichen Prozente entfallen auf die indigenen Ureinwohner. 15 Prozent waren Sklaven. Damit lässt sich grob abschätzen, was passiert ist. Als Sklaven kommen eigentlich nur die "pardos" in Frage und die Menschen mit definitiv schwarzer Hautfarbe. Da muss unter den Ahnen irgendjemand mit schwarzer Hautfarbe sein und die gibt es nun mal nur Afrika, woher die Sklaven ja kamen. Das macht zusammen fast 60 Prozent. Das wären die potentiellen Sklaven. Tatsächlich sind aber nur 15 Prozent Sklaven. In absoluten Zahlen. Von den 6 Millionen potentiellen Sklaven, das wäre der Wert, wenn nie ein Sklave freigelassen worden wäre, waren tatsächlich nur 1,5 Millionen Sklaven. Bei den 6 Millionen "pardos" wurde ein Vorfahre, der Sklave war, irgendwann mal frei gelassen. Freigelassen wurden auch ein Teil der Menschen mit schwarzer Hautfarbe, die deren Zahl übersteigt die Anzahl der Sklaven.
Allerdings kann man den Zahlen auch entnehmen, dass Sklaven nicht allzu alt geworden sind. Zwischen 1801 und 1855 wurden 1,8 Millionen "Afrikaner" nach Brasilien verschleppt. Diese Zahl allein, das waren ja dann tatsächlich Sklaven, übersteigt die Zahl der im Jahre 1872 tatsächlich vorhanden Sklaven. Gehen wir davon aus, dass Sklaven etwa 30 Jahre lebten, die Zahl findet man hin und wieder, dann wären nur noch die nach 1841 verschleppten Sklaven relevant, das wären dann 380 000, also Sklaven in der ersten Generation. (Ab 1855 gab es keinen Sklavenhandel mehr, weil die Engländer diesen unterbunden hatten.)
Über die Gründe kann man nur spekulieren, bzw. der Aufwand, das rauszufinden, wäre enorm. Denkbar ist, dass mit zunehmender Bedeutungslosigkeit der Landwirtschaft es schlicht keinen Bedarf an Sklaven mehr gab. Industriearbeitsplätze lassen sich, aus vielen Gründen, mit diesem Modell nicht einrichten. Die Unterdrückung muss in Industriegesellschaften über andere Mechanismen laufen, etwa indem man Menschen mit dunkler Hautfarbe den Zugang zur Bildung verweigert, wie in Südafrika geschehen. In diesem Fall hat man ein Proletariat, das, zumindest in der frühen Zeit der Industrialisierung, auf dem Existenzminimum verharrt, was dann nicht viel mehr ist, als das, was ein Sklave bekommt. Wie pervers die Kaffeeplantagen Besitzer in Brasilien im den vorherigen Jahrhunderten waren, wissen wir nicht. Teilweise wohl ziemlich pervers. Ein Teil dieser Weißen hatte aber Umständen moralische Skruppel, wenn der Sohn, die Tochter, der Halbbruder, die Halbschwester Sklave war und haben, so sie auch gleichzeitig der "Besitzer" waren, diese frei gelassen. Ein anderer Teil hat sich vielleicht auch selber frei gekauft. Das ist vor allem dann ein Modell, wenn der Ertrag der Arbeit des Sklavin gering war.
Wenn wir davon ausgehen, dass der Artikel in der englischen Wikipedia auf belastbaren Quellen beruht, wovon wir jetzt erstmal ausgehen, weil die Quellenangabe zu dem Artikel ist recht üppig, dann waren die Aberrationen nicht nur Brasilien üblich, sondern auch in den USA.
Interracial relationships, common-law marriages, and marriages occurred since the earliest colonial years, especially before slavery hardened as a racial caste associated with people of African descent in the British colonies. Virginia and other English colonies passed laws in the 17th century that gave children the social status of their mother, according to the principle of partus sequitur ventrem, regardless of the father's race or citizenship. This overturned the principle in English common law by which a man gave his status to his children – this had enabled communities to demand that fathers support their children, whether legitimate or not. The change increased white men's ability to use slave women sexually, as they had no responsibility for the children. As master as well as father of mixed-race children born into slavery, the men could use these people as servants or laborers or sell them as slaves.
Beziehungen zwischen Angeörigen unterschiedlicher "Rassen" gab es schon in de frühen Jahren der Kolonialisierung, insbesondere bevor Sklaverei sich auf eine bestimmte Kaste von Menschen afrikanischer Abstammung in den britischen Kolonien bezog. Virginia und andere englische Kolonien verabschiedeten im 17 Jahrhundert Gesetze, dass Kindern, dem Leitsatz partus sequitur ventrem, den Status der Mutter gab, unabhängig davon, welcher "Rasse" oder bürgerlichen Stellung der Vater angehörte. Das stand im Gegensatz zur englischen Gesetzgebung, bei der der Mann seinen Status an das Kind vererbte, mit dem Ergebnis, dass die Gemeinschaft den Vater verplichten konnte, für das Kind zu sorgen, unabhängig davon ob es ehelich oder unehelich war. Diese Änderng vergrößerte die Möglichkeit des weißen Mannes, Sklavinnen sexuell zu auszubeuten, da sie keine Verantwortung für die Kinder trugen. Als Herr und auch Vater von dieser "Mischlings"kinder, die in die Sklaverei hineingeboren waren, konnte er diese Personen als Diener, Arbeiter nutzen oder sie als Sklaven verkaufen.
Der Unterschied zwischen Brasilien und den USA bestand darin, zumindest soweit der Autor das sieht, dass mehr und mehr dazu übergegangen wurde, diese Art von Beziehungen zu verbieten.
Ob von Guimarães intendiert oder nicht, er trifft einen Punkt, der die Sklavenhalter, bzw. deren Gattinen, beschäftigen musste. Dass die Frau des Statthalters noch mit ihm zusammenlebt, obwohl sie wusste, dass er die Mutter Isauras grausam in den Tod getrieben hatte, weil sie seinem Drängen nicht nachgab, erscheint erstmal unwahrscheinlich. Betrachtet man die historischen Fakten, ist es nicht mehr so unwahrscheinlich. Wenn Männer sich schon die Gesetzgebung so hinbiegen, dass sie alle ihre Aberrationen folgenlos befriedigen können, dann ist anzunehmen, dass sie das dann auch tatsächlich tun und Frauen waren wohl nicht in der Position, dem Einhalt zu gebieten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Frau wie Isaura die Sympathie des weiblichen Teils der von der Sklaverei lebenden Oberschicht hatte.
Was also manche brasilianische Autoren über das Werk schreiben, ist ziemlicher Blödsinn.
Uma vez que A Escrava Isaura se trata de uma obra romântica, seu enredo segue a risca todas as convenções da escola literária. A construção dos personagens, por exemplo, obedece às fórmulas do gênero: Isaura, a protagonista, é extremamente idealizada, portadora de todo tipo de virtudes e de uma beleza que acompanha essa nobreza de caráter, além disso é uma defensora ferrenha de sua honra e não aceita nenhum tipo de galanteio até encontrar o homem que chega a amar. O mesmo vale para Álvaro, seu par.
Da es sich bei der Sklavin Isaura um ein romantisches Werk handelt, folgt seine Handlung allen Konventionen der literarischen Schule. Die Beschreibung der Personen folgt zum Beispiel den Formeln des Genre. Isaura, die Heldin, wird extem idealisiert dargestellt, Trägerin aller Tugenden und von einer Schönheit, die diesen edeln Charakter begleitet. Sie verteidigt eisern ihre Ehre und akzeptiert keine Annäherungsversuche, bis sie den Mann kennenlernt, den sie liebt. Das gleiche gilt für Álvaro, der ihr ähnelt.
Der erste Fehler besteht darin, dass das Werk eindeutig nicht der Romantik zuzurechnen ist. Romantik umfasst ein breites Spektrum an Werken, reicht von einer dämonischen Variante à la Edgar Allan Poe und E.T. Hoffmann, bis zu Gustavo Adolfo Bécquer in Spanien, Novalis in Deutschland und in einer ironischen Version bei Heinrich Heine. Gemeinsam ist der Romantik, dass Kräfte, Sehnsüchte und Gefühle wirken, die die handelnden Figuren psychisch übermannen, sie aus dem tätigen Leben hinaustreiben und gegen die sie sich nicht wehren können. Bekanntlich ist das ja Goethe auf die Nerven gegangen. ("Die Klassik ist das Gesunde, die Romantik das Kranke.") Isaura allerdings ist das genaue Gegenteil. Sie ist ausgesprochen willenstark und charakerfest. Dass Guimarães sie in den Himmel setzt, bzw. sie als vom Himmel herabgesendet beschreibt, sie also ähnlich überhöht wie Dante Beatrice, die tatächlich im neunten Himmelkreis landet, kann daran liegen, dass es irgendeine Frau gibt, die Modell gestanden hat und auf Guimarães einen ähnlich durchschlagenden Eindruck gemacht hat wie Beatrice auf Dante.
3. Vergleich von A Escrava Isaura mit O Cortiço
O Cortiço wurde 1890 veröffentlicht, A Escrava Isaura 1875. Dazwischen liegen 15 Jahre. Weiter spielt O Cortiço in Rio de Janeiro, einer eher kaufmännisch / industriell geprägten Stadt, A Escrava Isaura auf einer Kaffeeplantage.
Bernardo Guimarães lebte von 1825 bis 1884, Aluísio Azevedo von 1857 bis 1913, letzterer war also wesentlich jünger. Der Roman A Escrava Isaura erschien 13 Jahr vor der endgültigen Abschaffung der Sklaverei, der Roman O Cortiço 2 Jahre danach. Das Schicksal, das Bertolzea erlitt, also wieder in die Sklaverei zurückgeschickt zu werden, war bei Erscheinen des Romans nicht mehr möglich, da zu diesem Zeitpunkt die Sklaverei abgeschafft war.
Vergleicht man die zwei Romane, sieht man eine Veränderung im sozialen Gefüge.
In dem Roman A Escrava Isaura orientiert sich die Oberschicht noch an der portugiesischen Kultur. Es wird Klavier gespielt, es werden Quadrillen getanzt und Isaura ist so erzogen, wie man sich in Europa die Erziehung einer höheren Tochter im 19 Jahrhundert vorstellt. Im Roman O Cortiço ist es genau andersherum. Jerônimo wird von der brasilianischen Kultur, einer Kultur die sich aus dem Gemisch aus unterschiedlichen ethnischen und sozialen Gruppen herausgebildet hat, angezogen, wobei diese Wirkung wohl nur da eingesetzt hat, wo unterschiedliche soziale Gruppen aufeinander gestoßen sind. Während sich die Kaffeeplantagenbesitzer noch klar von den "Mischlingen" fernhielten und die Hautfarbe weiß das Ideal ist, vermischen sich in den Städten die ethnisch, sozialen Gruppen, da die Lebensbedingungen für alle die gleichen sind. Dieses "Mischvolk" hat eine eigene Kultur kreiert, die letztlich bis auf den heutigen Tag die Vorstellung prägt, die man, zumindest aus touristischer Sicht, von Brasilien hat.
Eine gewissen Pointe hat die Geschichte, als Isaura auf dem Ball der "ehrenwerten Gesellschaft" Erfolg mit einem Lied hat, dass die Trauer und Sehnsucht einer Sklavin beschreibt. Das "reine Gefühl" kann sich manchmal für das Vernünftige entscheiden, was aber noch lange nicht heißt, dass das auch für die Realität gilt.
Im Roman O Cortiço sind bis auf Bertoleza auch die Nichtweißen alle frei. Die Unterschiede zwischen weiß und farbig werden in den ökonomisch schwächeren Gesellschaftsschichten nicht gemacht. Rosa, in die sich Jerônimo so verliebt, dass sein komplettes Leben in die Brüche geht, ist eine Mulattin.
Die zwei Romane beschreiben historische Tatsachen. Während die weiße Oberschicht auf dem noch agraisch geprägten Land sich von anderen ethischen Gruppen abgrenzte, von Sklaven sowieso, sind dies Unterschiede in den mehr industriell, kaufmännischen geprägten Städten verschwunden.
Die vornehmen Gesellschaft wird in A Escrava Isaura nicht kritisiert. Die Beschreibung des Balles in Recife, beschreibt den schönen Schein, nicht aber das Fundament auf dem dieser beruht und auch nicht die Konflikte. In O Cortiço wird der Glanz von Rio de Janeiro beschrieben, aber auch die Basis, auf der dieser beruht.
Ende des 19 Jahrhunderts erfolgt nochmal ein starker Zustrom an Immigranten, insbesondere Italiener. Diese diffundieren zwar in das ganze Land und treten als Landarbeiter auch in Konkurrenz zu den Sklaven, tauchen aber in A Esclava Isaura nicht auf. Sie tauchen aber auf im Mikrokosmos der Mietskaserne.
O principal grupo imigrante a aportar no Brasil a partir do final do século XIX foram os italianos, e estes se dirigiram sobretudo para São Paulo. Nos primeiros tempos, predominaram os imigrantes da Itália setentrional, sobretudo do Vêneto, porém, no final do século, cresceu a corrente meridional, sobretudo de Campânia e da Calábria. Os italianos, premidos pela pobreza que assolava o país, rumaram para núcleos coloniais do sul do Brasil, onde se tornaram pequenos agricultores, assim como para as fazendas de café do sudeste, onde substituíam o trabalho escravo.
Die wichtigste Gruppe der Immigranten am Ende des 19. Jahrhunderts waren die Italiener und diese siedelten vorwiedend in São Paulo. Zu Beginn dominierten die Immigranten aus Norditalien, vor allem aus Venetien, aber am Ende des Jahrhunderts wuchs der Zustrom aus Süditalien, vor allem aus Kampanien und Kalabrien. Die Italiener, getrieben von der herrschenden Armut, zogen in die Zentren der Kolonisation im Süden Brasiliens, wo sie Kleinbauern wurden oder in den Kaffeeplantagen des Südostens arbeiteten und mit Sklaven konkurrierten.
Auch diese Zuwanderung armer Weißer, die praktisch unter denselben Bedingungen lebten wie die Menschen schwarzer Hautfarbe, dürfte das Modell der Sklavenwirtschaft noch weiter unter Druck gesetzt haben. Zum einen waren Sklaven nicht mehr billiger, zum anderen ist das Modell mit einer Industriegesellschaft, die auf ausgebildete Fachkräfte angewiesen ist, nicht kompatibel. Man hätte ihn die Ausbildung der Sklaven investieren müssen und mit der Ausbildung verschieben sich die Machtverhältnisse. Hinzukommt, dass für Baumwolle, z.B. Indien, und Kaffee, z.B. Peru, auch andere Länder auftreten. Ab dem Jahre 1825 war Europa nicht mehr auf den Zucker aus Südamerika angewiesen, da es diesen dann aus Zuckerrüben gewinnen konnte. Nicht belegt, aber plausibel, kann man auch vermuten, dass die Begründung, die die Sklaverei rechtfertigte, unter diesen Auspizien immer fragwürdiger wurde. Der Autor glaubt nicht wirklich an die Theorie vom ideologischen Überbau, also an die Theorie, dass die herrschende Schicht ein Bedürfnis hat, soziale Missstände zu rechtfertigen oder zu verklären, denn es ist nun mal eine Eigenschaft von Verbrechern, dass sie ihr Verhalten nicht vor sich selbst rechtfertigen wollen. Die Theorie vom ideologischen Überbau setzt so etwas wie ein gewissen voraus, das beruhigt werden muss. Genau darüber verfügen Verbrecher aber nicht. Mag sein, dass Hermann Göring seine Raubzüge irgendwie rechtfertigte, was der Bankräuber ja nicht tut, aber der ideologische Überbau dient lediglich der Manipulation der Massen ist rein instrumentell. Die Sklaverei wird begründet mit der Minderwertigkeit von Menschen mit einer anderen Hautfarbe als weiß. Dieses Modell wird natürlich in Frage gestellt, wenn auch Weiße unter ähnlichen Bedingungen wie Menschen mit dunkler Haut leben.
Vermutlich haben in Brasilien eine zeitlang beide Welten parallel existiert. Die Sklavenhaltergesellschaft auf den Kaffeplantagen mit extremen Aberrationen und die Welt von O Cortiço, wo die Grenzen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen fließend sind und zunehmend verschwimmen. Es gelten zwar noch in beiden Welten die skurrilen Gesetze der Sklaverei, was Bertoleza zum Verhängnis wird, aber in O Cortiço sind sie weitgehend bedeutungslos geworden. Alle Menschen mit einer anderen Hautfarbe als weiß stammen zwar irgendwann mal von Sklaven ab, sind aber inzwischen aus verschiedenen Gründen frei.
In beiden Romanen wird der Staat als Herrschaftsinstrument einer bestimmten Schicht der Gesellschaft gesehen. In A Escrava Isaura ist nutzt Leôncio seine Beziehungen, um die Durchsetzung das Unrecht schneller durchsetzen zu können. In O Cortiço haben wir eine andere Schicht der Gesellschaft. Für diese ist der Staat lediglich der Feind. Auch wenn der Staat auftritt, um einen Streit zu schlichten, verbünden sich die Kontrahenten sofort gegen den Staat und sein Repräsentanten. So intuitiv kann man annehmen, dass diese Darstellung weitgehend richtig ist. Die Oberschicht nutzt den Staat als Unterdrückungsinstrument, die Unterschicht hat aufgrund der gemachten Erfahrungen jedes Vertrauen in die staatlichen Organe verloren und lehnt ihn radikal ab.
4. Die juristische Situation
Mit gesetzlichen Bestimmungen ist es wie mit dem Müll. Wirft jemand Nahrungsmittelreste nicht in die Tonne, wo sie hingehören, sondern daneben, dann zieht das Ratten an. Das heißt Gesetze, die zum Missbrauch einladen, werden missbraucht. Solche Entwicklungen haben wir in banalen Fällen, der Autor hat das mal auf der www.recht-eigenartig.de beschrieben. Die Frage, ob man anhand eines wenig problematischen Falles, die Abmahnindustrie ist zwar ein ärgerliches Phänomen, hebt aber die Gesellschaft nicht aus den Angeln, Rückschlüsse ziehen kann auf systemisches Versagen in Kontexten, wo es dann sehr wohl eine Rolle spielt und die Gesellschaft in die Barbarei abdriftet, bleibt unbeantwortet.
(Obwohl der Autor dieser Linien den Eindruck nicht los wird, dass Juristen in der Regel nicht die Hellsten sind. Gäbe es ein Gesetz, dass jeden Menschen jüdischen Glaubens zu einem Bussgeld von 10 000 Euro verdonnert, wenn er den Judenstern nicht trägt, dann würden sich auch Richter finden, die dieses Gesetz anwenden. Wir hatten in den Jahren 33 bis 45 eine Vollpleite, die Vollpleite zog sich durch bis in die BRD, wo die Richter dann nach 45 nahtlos da weitermachten, wo sie aufgehört haben und es gibt jetzt keine Indizien dafür, dass ein radikaler Bruch stattgefunden hätte, bzw. das Problem systemisch gelöst worden wäre.)
Der Zusammenhang wäre, dass das Urheberrecht und das Rechtssystem Fehlanreize bietet, mit dem Ergebnis, dass die Ratten kommen. Ganz von der Hand zu weisen ist ein solcher Zusammenhang nicht und es gibt in allen Sprache für diese Ratten auch einen Ausdruck, im Spanischen z.B. ist das der picapleitos, der Streitsucher, im Deutschen der Winkeladvokat.
Dr. Gerardo im Roman ist der typische, pragmatische Jurist und unter Pragmatismus versteht man nun mal ein Verhalten, bei dem Werte keine Rolle mehr spielen. Der Pragmatismus gibt sich zwar als philosophisches System, doch bricht man das runter, dann bleibt schlicht Skruppelosigkeit übrig. Ist die Gesetzgebung demokratisch legitimiert, besteht unter normalen Verhältnissen, wenn nicht eine Gruppe isoliert werden kann, eine Tendenz zur Durchsetzung moralischer Normen bzw. ist der einzelne vor Übergriffen geschützt. Auch der Bankräuber wird sich in einen freien Wahl nicht für Legalisierung des Bankraubs aussprechen, denn das würde das Geschäftsmodell Bankraub unterminieren. Wenn alle es tun, ist nichts in der Bank, was man ausrauben könnte.
Ist die Gesetzgebung nicht demokratisch legitmiert und folgt man den Ideen des Pragmatismus, werden die gesetzlichen Bestimmungen die Interessen einer bestimmten Gruppe bedienen. Gesetzliche Bestimmungen, die lediglich am praktischen Nutzen gemessen werden, legitmieren dann, wie die Bestimmungen zur Sklaverei bzw. die Nürnberger Rassengesetze, die Aberrationen der Schicht, die diese zur Durchsetzung ihrer Interessen erlässt. Ohne Werte, bzw. demokratische Legitimierung, bedient das Gesetz primitivste Instinkte. Aus der Sicht der Zivilgesellschaft in zivilen Verhältnissen erscheint in der Tat der Plott von A Escrava Isaura, wie oft kritisiert, unrealistisch, dort der Böse hier die Heilige. Man kann sich in gesitteten Verhältnissen wie heute kaum vorstellen, dass eine Gesellschaft derartig abdriftet. Schaut man sich die neuere deutsche Vergangenheit an, ist diese Konstellation äußerst realistisch. Den Vorwurf, dass Isaura idealisiert und Leôncio holzschnittartig gezeichnet ist, kann nur ein Literaturprofessor an einer Uni machen. Die absolute Barbarei und die Herrschaft des Abschaums ist möglich und die Qualität eines Romans an der Raffinesse der handelnden Akteure zu messen, ist dann wirklichkeitsfremd, wenn die Raffinesse bzw. komplexe Psyche nicht gegeben ist. So Typen wie Leôncio sind potentiell vorhanden.
Gleichermaßen kritisch, jeder Historiker würde jetzt auf die Barrikaden gehen, wäre der Vergleich der gesetzlichen Bestimmungen bzgl. der Sklaverei und den Nürnberger Rassengesetzen. Ob das aber historisch korrekt ist oder nicht, ist weitgehend egal, denn es sind eben unter anderem die bekannten Bilder aus der jüngsten deutschen Vergangenheit, die sich bei der Lektüre aufdrängen und durch die die Lektüre dann psychisch fordernd wird.
Dr. Gerardo ist in seinem Pragmatismus eine Stütze des Systems. Es ist eine merkwürdige Eigenschaft von Juristen, das macht sie enorm anfällig Diener eines Unrechtsstaates zu werden, dass sie gesetzliche Bestimmungen nicht hinterfragen, soweit es wirtschaftliche Zusammenhänge betrifft, verstehen sie oft nicht mal, was die ursprüngliche Intention des Gesetzes war. (Siehe Ausführungen des Autors auf www.economics-reloaded.de.) Wird etwas ökonmisch Uninniges, wie etwas die Riester Rente, in ein Gesetzeswerk gegossen, dann ist das Ergebnis ökonomischer Unsinn mit fatalen Folgen. Dr. Gerardo verteidigt das positive Recht bzgl. der Sklaverei nicht, hält es aber für sinnlos, weil nicht zielführend, dagegen vorzugehen. Von dieser Einstellung bis zur aktiven Beteiligung an der Durchsetzung dieses Rechts, vor allem wenn diese gewinnbringend ist, ist es nur ein kleiner Schritt. Es mag sein, bedauerlicherweise können wir die Beteiligten ja nicht auf die Couch legen, dass viele Richter die aufgrund der Nürnberger Rassengesetze wegen Rassenschande verurteilten, durchaus erkannt haben, dass diesen Gesetzen jede moralische Fundierung fehlt, aber indem aus Gründen der Karriere diese Gesetze anwendeten, wurden sie eben zu Tätern. Insgesamt kam es aufgrund einer Beziehung zu einem Menschen jüdischen Glaubens, bzw. zu einem Menschen, der nach der Nazi Ideologie Jude war, zu 2300 Verurteilungen, wobei die Anzahl der Anzeigen weit höher liegt. (Etwas 15000 Anzeigen in den Jahren 1935 bis 1945.)
Der Unterschied zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem Imperialen Brasilien bestand darin, dass das nationalsozialistische Deutschland versuchte, einen historisch längst eingeleiteten Prozess, die Verschmelzung von Menschen, deren Vorfahren jüdischen Glaubens waren bzw. dies zu diesem Zeitpunkt noch waren und dem Rest der Bevölkerung wieder rückgängig zu machen. Dies konnte versucht werden, weil der Anteil menschen jüdischen Glaubens, bzw. Menschen deren Vorfahren dem jüdischen Glauben anhingen relativ gering war, etwa 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Im Imperialen Brasilien war der Anteil der Menschen, deren Vorfahren Sklaven waren allerdings fast 50 Prozent. Diese Entwicklung konnte nich mehr rückgängig gemacht worden, auch wenn es solche Bestrebungen gab. Hinzukommt, dass die Vermischung der Menschen mit unterschiedlicher genetisch bedingter Ausprägung bestimmter Merkmale noch viel weiter fortgeschritten war, als es die Zahlen vermuten lassen, da die Einordnung in schwarz / weiß auf einer Selbsteinschätzung beruht und viele, die sich in Brasilien als "weiß" bezeichnen, tatsächlich Vorfahren mit einer anderen Hautfarbe haben.
Ein weiterer Unterschied zwischen dem Rassismus im Imperialen Brasilien und den nationalsozialistischen Deutschland bestand darin, dass der Rassismus im nationalzozialistischen Deutschland gar keine genetische Grundlage hat und daher die Zuordnung zum Judentum auf rein formalen Kriterien erfolgen musste, bzw. auf der Abstammung und religiösen Zugehörigkeit der Vorfahren. Zwar werden in der Propaganda den Juden bestimmte genetische determinierte Eigenschaften zugeschrieben, aber im Grunde wird das Judentum über die Religion definiert, denn äußerlich waren sie nicht erkennbar. Der brasilianische Rassissmus setzt an genetisch bedingten Merkmalen an, wobei diese eben, wie im Fall Isauras, ebenfalls nichtssagend sind.
Wenn es aber stimmt, wie im Roman beschrieben, dass die "feine Gesellschaft" sich von einer Sklavin auch dann distanziert hätte, allein aufgrund des Status, der sich ja lediglich auch der irren Rechtslage ergab, wenn diese vom Aussehen und von der Bildung her sich von der weißen Oberschicht gar nicht unterschieden hätte, dann hätte wir auch hier eine Situation, bei der sich der Status allein aus formalen, willkürlichen Gesetzen ergibt.
Die Anwendung dieses Rechts war durchaus pragmatisch, allerdings völlig unmoralisch. Eigentlich sollte das Schulsystem einen Kompass vermitteln, der das Handeln leitet. Die meisten Staaten, bzw. der Steuerzahler, investieren in die Vermittlung eines Wertkanons einen Haufen Geld. Wie die neuere deutsche Geschichte zeigt, ist das nicht besonders erfolgreich. Das mag bei anderen Berufgruppen ähnlich sein, auch wenn der Autor den Eindruck hat, dass Juristen besonders anfällig für einen pragmatischen Ansatz sind, aber bei Juristen fällt es besonders auf. Sie sprechen dann, höflich formuliert, unter Umständen nicht Recht, sondern Unrecht. Was die Schule versäumt hat, sollte zumindest in der Juristenausbildung an der Universität nachgeholt werden.
Feinsinnige Literaturprofessoren bemängeln des Weiteren, dass Álvaro als Ritter ohne Furcht und Tadel dargestellt wird, worin sie das Merkmal eines Trivialromans sehen. Das Problem bei dieser Aussage ist, dass genau dieselbe Kritik von dem Perversling Leôncio und dem schmarotzenden Schmeichler Jorge vorgetragen wird. Jorge bezeichnet Álvaro als Don Quijote, der sich für die Befreiung fremder Sklavinnen einsetzt, vor allem wenn diese hübsch seien. Gerardo bezeichnet den Willen Álvaros als menschenfreundliche Phantasie. Die feinsinnigen Literaturprofessoren befinden sich da also in schlechter Gesellschaft. Das Insistieren auf moralischen Werten kann mit dem Don Quijote Argument immer lächerlich gemacht werden, klärt aber letztlich nicht die Frage, wieso manche Leute auf Einhaltung moralischer Werte insistieren und andere nicht. Bei Álvaro ist es ein Mix. Zum einen liebt er Isaura, zum anderen ist er in seinem Stolz gekränkt, weil er sich nicht durchsetzen kann, zum anderen hat er eine Aversion gegen Leôncio. Im Echtbetrieb ist es wohl komplizierter und nur moralisch gefestigte Persönlichkeiten leisten Widerstand. Wenn der Wahnsinn zur Norm wird, fangen die Vernünftigen in der Regel an, an ihrem Verstand zu zweifeln, dies umso mehr, als Menschen dazu neigen, den Konflikt zwischen ihre eigenen Vorstellungen und den Vorstellungen der Gesellschaft dadurch aufzulösen, dass sie versuchen sich zu überzeugen, dass im Wahnsinn eine Vernunft steckt.
Wie bereits erwähnt, ist der Plott des Romans unrealistisch, insbesondere ist das happy end unrealistisch, der Normalfall dürfte eher tragisch geendet haben. Es gibt zwar hin und wieder vernünftige Leute, doch leider haben nur wenige davon die ökonomischen Ressourcen, wobei allerdings die Macht, die der einzelne hat, von der Gesellschaft abhängt. Befindet sich nicht die ganze Gesellschaft auf der schiefen Bahn, hat eine Veröffentlichung von Missständen eine gewaltige Wirkung und die Kosten der Veröffentlichung sind im Internet sehr nahe bei Null. Die Justiz gehört zu den Bereichen, die von der Öffentlichkeit, wie im übrigen auch vom Bundesverwaltugsgericht eingefordert, von der Öffentlichkeit kontrolliert werden muss. Das System ist, siehe www.recht-eigenartig.de anfällig.
Realistisch zeichnet der Roman auch verschiedene Diskussionen nach. Da den Sklaven der Zugang zur Bildung verweigert worden war, wären sie auch nach einer Freilassung abhängig gewesen. Álvaro entlässt die Sklaven nicht einfach in die Freiheit, sondern beteiligt sie am Gewinn, so dass ein für die ehemaligen Sklaven ein Anreiz besteht, die Produktivität aufrecht zu halten und zu steigern.
In Details jedoch ist er sehr realistisch und bestimmte Tatsachen, wie z.B. dass nach entflohenen Sklaven per Zeitungsinserat gesucht wurde, gehörten zum unmittelbaren täglichen Erleben der damaligen Leserschaft. Beispiele für solche Anzeigen finden sich noch im Jahre 1878, man kann sie hier Os repugnantes anúncios de escravos em jornais do Século 19 hier betrachten. Tatsachen sind die Methoden, mit denen Sklaven gebrochen wurden, Auspeitschen, Festketten am Pfahl, Tatsache ist die Existenz des Vorarbeiters, die Behausung für Sklaven, die Gesetzgebung, die Sklaven schlicht als Dinge betrachtete, die wie jedes andere Ding gekauft und verkauft werden konnte etc. etc..
5. Isaura
Von brasilianischen Literkritikern wird der Roman überwiegend, entgegen der vermeintlichen Intention, als rassistisch aufgefasst. Die Stellen, die man für diesen Standpunkt heranziehen kann, sind Legion. Problematisch sind z.B. schon Aussagen, dass Gott Isaura vollkommen geschaffen hat und die Menschen sie zur Sklavin gemacht habe und letztlich der Wille Gottes maßgebend ist. Das heißt, dass weniger überragende Wesen durchaus versklavt werden können. Behinderte wie Belchior als Monster darzustellen, könnte heutzutage strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, weil solche Aussagen mit fundamentalen Vorstellungen über die Würde des Menschen nicht kompatibel sind.
Isaura ist eine fast religiöse Gestalt und wird auch oft unter Bezugnahme auf Bilder aus der christlichen Mythologie beschrieben. Begriffe wie reine Seele, makellos, demütig, tugendhaft (meint in diesem Kontext keusch) etc. finden wir oft bei Beschreibungen von Heiligen bzw. werden in Abbildungen von Heiligen ausgedrückt. Betont wird, dass ihre ehemalige Herrin sie beten gelernt hat. Sie begehrt auch nicht aggressiv auf, sondern akzeptiert, bis auf den Punkt, dass sie sich nicht körperlich hingibt, ihr Schicksal. Sie ist unendliche barmherzig und frei von jeder Rachsucht, setzt sich in der Schlusszene selbst noch für Leôncio ein. Erst als ihre Unschuld bedroht ist, flüchtet sie. Sie wirkt also nicht nur als Frau, sondern eben auch durch die Tatsache, dass Übergriffe, zumindest bei einer religiösen Gesellschaft, quasi als Sakrileg empfunden werden können. Dass solche Frauengestalte beeindrucken könne ist möglich. Die Bewohner von O Cortiço bringen Pombinha eine ähnliche Verehrung entgegen, auch wenn diese dann Erotik als disruptives Element einsetzt, das Klassenschranken überwindet. Italiener werfen noch bis auf den heutigen Tag ihre Liebesbriefe in einen Glaskasten, in der Hoffnung, dass Beatrice das irgendwann mal liest. Den meisten berühmten Frauen der Weltliteratur, hat eine reale Frau Modell gestanden. Im Deutschen z.B. Charlotte Buff, die in Goethe "Die Leiden des jungen Werther" zu Lotte mutierte. Es ist gut vorstellbar, weil es dafür viele Beispiele gibt, dass es zu Isaura ein Modell gibt, in das Bernardo Guimarães so unsterblich verliert war, dass sie ihn selbst so überragte, dass sie nur noch in den Himmel wandern konnte.
Als Schulstoff allerdings kann man sich darüber streiten. Zum einen kann eine Heilige nur unter Heiligen leben, in der realen existierenden Wirklichkeit, wird Frau sich durchsetzen müssen. Zum anderen schweigt zwar auch bei Charlotte Buff jede Begierde in ihrer Gegenwart, wie es im Roman "Die Leiden des jungen Werther" steht, fraglich ist nur, ob Schüler damit was anfangen können und last not least, hat im Roman Isaura ein derartiges Gewicht, dass die Aspekte, wo die Sklaverei sehr viel härter kritisiert wird, in den Hintergrund treten.
Weniger klar ist der Einwand, dass Isaura eine idealisierte Frauengestalt ist. Der Einwand kann nur von Leuten kommen, die der Meinung sind, dass die Literatur ein möglichst präzises Abbild der Wirklichkeit zu sein hat. Wenn der Autor die Wirklichkeit aus welchen Gründen auch immer möglichst präzise abbilden will, dann kann er das tun, aber besser wäre dann, er würde ein Sachbuch schreiben. Literatur kann aber auch etwas Überschießendes haben, das die Realität übersteigt, zumindest solange, wie dies Überschießende im Leser angelegt ist und angelegt ist diese Frauenfigur, denn sie begegnet uns nicht nur in der Literatur, Dante => Beatrice, Petrarca => Laura, Goethe => Charlotte Buff, Hölderin => Diotima etc.. Vermutlich können aber Schüler mit einer solchen Frauengestalt wenig anfangen. Eindringlicher dürfte hängen bleiben, dass es ihre Schönheit ist und ihre kulturelle Entwicklung ist, die ihre Befreiung aus der Sklaverei erforderlich macht, wobei diese Vorzüge eher geeignet sind, auf illustren Abendgesellschaften zu brillieren und weniger, einen konkreten Beruf zu ergreifen und ein selbständiges Leben zu führen. Sie entspricht also dem Ideal einer Gesellschaft, bei der Arbeit ganz prinzipiell verpönt war und ist in dieser und anderer Hinsicht das Gegenteil von Rita Baiana in O Cortiço, die schon ein sehr viel modernere Frau ist.
Dass Isaura weiß ist und als einzige aus der Sklaverei befreit werden soll, da sie den Frauen der "feinen Gesellschaft" ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist, wird als Konzession Bernardo Guimarães an sein Publikum gewertet. Die Idee ist, dass Menschen mit dunklerer Hautfarbe von dieser Gesellschaft als minderwertig angesehen wurden und folglich eine Gleichstellung nicht akzeptiert worden wäre. Hätte Isaura also ein dunklere Hautfarbe gehabt, wäre die Sympathie des Publikums geringer. Kann man so sehen, kann man anders sehen. Der Roman macht auch klar, dass die Hautfarbe ein ziemlich zufälliges Merkmal ist, denn die Mutter hatte eine dunklere Hautfarbe und die Großmutter hatte höchstwahrscheinlich eine schwarze Hautfarbe.
Wird behauptet, dass der Roman rassistisch ist und eine Konzession an sein Publikum, dann geht es immer um Isaura. Vergessen wird dabei, dass die komplette weiße Oberschicht äußerst negativ dargestellt wird. Pervers, charakterlos, gierig, faul, sadistisch, schmierig, unfähig zur Empathie, ungebildet, nicht geschäfttüchtig, korrupt. Keiner der näher dargestellten Personen mit weißer Hautfarbe, außer Álvaro, Miguel und die ehemalige Herrin von Isaura, haben irgendwelche positiven Eigenschaften. Der Statthalter nicht, sein Sohn Leôncio nicht, Dr. Gerardo nicht, Jorge nicht, Martinho nicht. Was sonst noch Auftritt an Polizisten, Gerichtdienern, Beamten sind willenlose Büttel der herrschenden Klasse.
Der Autor glaubt nicht wirklich daran, dass es zu Isaura kein Modell in der Wirklichkeit gibt. Insbesondere bei der Schilderung ihres Gesanges in der Ballnacht, scheint ein reales Bild Pate gestanden zu haben, irgendwas wie das, Maria Farantouri.
Der Autor kennt eigentlich keinen Roman, wo die Verhaltensweisen der handelnden Personen tatsächlich empirisch belastbar in der Realität nachgewiesen werden können. Bei A Escrava Isaura ist das der Fall. Was an dem Buch jetzt romantische sein soll, erschließt sich dem Autor dieser Zeilen jetzt nicht.
6. Was bringt der Roman?
Der Roman begründet, das liest man oft, den Ruhm Bernardo Guimarães. Das ist höchst wahrscheinlich richtig. Die Romane, die heute zum kollektiven Gedächtnis der Menschheit gehören, angefangen beim Don Quijote, hatten schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung einen großen Erfolg. Ob der Roman einen Beitrag geleistet hat zur Abschaffung der Sklaverei wissen wir nicht. Bei Büchern wissen wir nur, dass die Mächtigen sie immer schon als Gefahr betrachtet haben und die Publikation missliebiger Bücher über unterschiedliche Wege zu verhindern suchten. Genau dies geschah im in der Regierungszeit von Pedro II (Regierungszeit 1840 bis 1889) nicht. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten, gab es Brasilien fast keine Zensur. Hinzukam, dass Pedro II der Sklaverei ablehnend gegenüberstand und seine Tochter sie 1888 endgültig abschaffte. Zu befürchten hatte Bernardo Guimarães nichts, 1881 erhält er sogar von Pedro II einen Verdienstorden.
Der Autor würde sagen, die Mächtigen haben hier die Wirkung von Büchern weit überschätzt. Dem Verfasser dieser Zeilen fällt kein einziges Beispiel ein, wo ein Buch empirisch belastbar eine Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse herbeigeführt hätte. Anders sieht das aus bei den Massenmedien. Kann man diese steuern, dann lassen sich alle Instinkte der Massen kitzeln.
Soziale Änderungen ergeben sich aus einer Änderung der wirtschaftlichen, technischen Struktur. Ideen sind da höchstens schmückendes Beiwerk. Die Sklaverei wurde nicht abbgeschafft, weil die Plantagenbesitzer die Grund und Menschrechte für sich entdeckt hatten, sondern weil Sklaverei nicht in die moderne Welt passte. Dem Gesetz Vente Livre sieht man das noch an. Der Herr konnte entscheiden, ob er die Arbeitskraft des Sklaven noch bis zu dessen 21 sten Lebensjahr nutzte oder ihn gleich frei ließ und dafür vom Staat entschädigt wurde. Hatte die Arbeitskraft keinen Wert mehr, weil die Produktion von Zucker, Baumwolle, Kaffee keine Gewinn mehr brachte, wird er wohl verkauft haben. Für Arbeitsplätze in der Industrie war das System der Sklaverei völlig ungeeignet.
Literaturwissenschaftler wüssten ja immer gerne, was in den Köpfen der Leute vorgeht, wenn sie ein Buch lesen. Genau dies wissen sie natürlich nie. In Zeiten von Amazon und den Leserkommentaren ist das jetzt anders. Den Amazon Kommentaren der Leser können wir entnehmen, dass die message nicht ankommt.
Para mostrar todas as contradições de manter humanos como escravos, o autor apelou para algo improvável. Uma escrava de pele clara. A maior proeza desta escrava é ter todos os senhorios a seus pés. Leitura fácil e prazeirosa. Recomendo.
Um die Widersprüche die sich aus der Haltung von Sklaven ergeben zu zeigen, nimmt der Autor ein unwahrscheinliches Szenario. Eine Sklavin mit heller Haut. Die größte Leistung dieser Sklavin besteht darin, dass alle Herren ihr zu Füßen liegen. Leichte und gefällige Lektüre. Empfehlenswert.
Der hier ist ein bisschen besser.
Strongly recommended for those who like linearly written, clear-cut and, at the same, unbelievably romantic story. Perfect for students of Portuguese. I bought the book for "Escrava Isaura" which turned out to be a masterpiece. It's some kind of anecdote in Poland (where I'm from, in case you didn't notice). Telenovella "Escrava Isaura" is a figurehead of trashy, Latin American soap operas and I have always treated it as such. Broadcast in communist times, it virtually vacated the streets and city centres. At that time it was a cultural phenomenon for a nation hungered by socialist propadanda. The whole country united and was raving about the poor slave... Nevertheless, the book is a jewel and should be read by anyone interested in Portuguese or Brazilian culture.
Sehr empfehlenswert für alle, die gerne linear erzählte Geschichten mit einer klaren und gleichzeitig unglaublich romantischen Handlung lesen. Perfekt für Studenten des Portugiesischen. Ich kaufte da Buch als "Escrava Isaura" und es zeigte sich, dass es ein Meisterwerk ist. In Polen (woher ich stamme, falls es jemand nicht gemerkt hat) ist das eine Anekdote. Die Telenovela ""Escrava Isaura" ist ein Beispiel für eine latein-amerikanische Trash Seifenoper und dafür hab ich das auch immer genommen. Rundfunk in kommunistischen Zeiten, die Straßen und Zentren der Städte waren voll davon. Für eine Nation ausgehungert von sozialistischer Propaganda war es ein Phänomen. Die ganze Nation war vereint in ihrem Mitgefühl für die arme Sklavin. Nichtsdestotrotz, das Buch ist ein Juwel und jeder der sich für portugiesische oder brasilianische Kultur interessiert sollte es lesen.
Den Kommentar finden drei Leute hilfreich.
Great story and great novela when they put it from TVglobo and run it here in Panama. I could practice my portuguese too. Very funny from the writers perspective.
Tolle Geschichte, als es von TVglobe in Panama gesendet wurde. Konnte auch mein Portugiesisch verbessern. Aus der Sicht des Autors eine lustige Geschichte.
Hier haben wir einen Kommentar, der bemängelt, dass die Qualen der Sklavin nicht detailliert genug beschrieben sind. Wahrscheinlich ist sie noch jünger.
Ich habe damals die Serie gesehen und die war spannend und mann hatte Gänsehaut pur. Diese Buch gibt das leider nich wieder, obwohl es heist das Bücher immer besser sind als der Film. Leider trift es bei diesem Buch nicht zu. Ich war echt enteuscht. Die geschichte der Sklavin ist viel zu Kurz und gibt nicht annähernd das wieder was der Film gezeigt hat.Die Quallen, das Leid und das ganze leben der Sklavin. Schade...
Brasilianische Kommentare sind über Amazon nicht zu bekommen, aber was man sonst so liest im Netz, ist kaum besser. Der grundlegende Fehler der brasilianischen Kommentare besteht darin, und das ist erstaunlich, dass sie den Roman aus heutiger Sicht beurteilen und ganz überwiedgen auf Isaura fokusiert sind. Der Leser aus der Zeit der Veröffentlichung des Romans, 1875, war mit den sexuellen Übergriffen, dem Sadismus, der totalen Entrechtung der Sklaven bestens vertraut. Anzeigen über entflohene Sklaven, Anzeigen wo Sklavinnen unter Hinweis auf ihre Attraktivität zum Verkauf angeboten wurden, mit Gerichtsprozessen zu dieser Thematik bestens vertraut. Der Leser von heute kennt eine Figur wie Leôncio nicht, weil er strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt werden würde und für mehrere Jahre im Knast landen würde. Strafrechtlich ist das volles Ballett: Freiheitsentzug, Körperverletzung, Nötigung. Aber schon zur damaligen Zeit dürfte das Verhalten von Leôncio, auch wenn es allgemein üblich war, kaum gesellschaftlich akzeptiert worden sein. Wäre dem nicht so, wäre Leôncio nicht als Abschaum wahrgenommen worden, wäre das viel kritisierte happy end keines, denn das Schicksal von Leôncio würde ja dann als ungerecht wahrgenommen. Vermutlich lasen die Sklavenhalter aber gar keine Bücher.
Gleichermaßen unverständlich ist die Aussage, dass es sich um ein "romantisches" Werk handelt. Malvina erklärt sich letztlich mit der grausamen Bestrafung, der Heirat mit Belchior einverstanden und wird hier auch sadistisch. Auch dieses Moment lässt sich über Zeitzeugen belegen.
Die Haussklavinnen litten u.a. sehr an der Eifersucht ihrer Besitzerinnen wegen ihres Ehemannes. Obwohl die Sklavinnen ihren Willen gegen ihren Herrn nicht durchsetzen konnten, glaubten ihre Besitzerinnen, dass sie schuldig an der sexuellen "Verführung" ihres Herrn wären, weil, dies ihrem schlechten Charakter entspräche. Gekennzeichnet durch Schande, Eifersucht, Erniedrigung und Neid steigerten die weißen Frauen ihre Gefühle bis auf die Spitze. Diese Rivalität zeigt sich auch deutlich an den grauenvollen Strafen der Herrinnen gegen ihre Sklavinnen.
Hinsichtlich der Strafen bezieht sie sich dann auf ein Werk von Sonia Maria Giacomini, Mulher Escrava. Sklavinnen wurden von ihren Herrinnen geblendet, die Kinder umgebracht, entstellt. Die Aussage, dass die Kinder von Sklavinnen sich selbst überlassen wurden und dann starben, damit die Sklavin als Milchamme für weiße Kinder dienen konnte, ist mehrere Male, nicht nur durch Sonia Maria Giacomini, durch Zeugnisse aus der Zeit belegt. Dem heutigen Leser ist nicht bewusst, dass das Verhalten Malvinas eine typische Verhaltensweise war. Den zeitgenössischen Leser wurde allerdings der Spiegel vorgehalten. Dass die brasilianische Frau im 19. Jahrhundert selber Opfer der Verhältnisse war, am Anfang wird Malvina ja noch positiv geschildert, mag sein, an der grausamen Realität ändert das aber wenig.
Der Roman hat gar nichts Romantisches. Er beschreibt höchst real und konkret, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung Abschaum ist. Ob man das durch Erziehung und das Bildungssystem ändern kann, ist eine offene Frage. Der Steuerzahler wendet hier erhebliche Mittel auf. Die Verrohung der Sprache auch in der Gegenwart, lässt aber Zweifel, ob das Ziel erreicht wurde. Vergleiche mit dem Nationalsozialismus drängen sich auf. 18 Prozent AFD spricht nicht gerade dafür, dass das Bildungssystem erfolgreich ist.
Die freie Marktwirtschaft und die Demokratie begrenzen absolute Macht und verhindern damit den Missbrauch. Darüber hat der Autor mal ein Buch geschrieben, Ökonmen und ihre Theorien. Die Demokratie allerdings ist kein Selbstläufer. Die Qualität demokratischer Entscheidungsprozesse hängt ab von der Qualität der Entscheidungsträger. An dieser Baustelle kann man noch arbeiten.